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Reisebericht Kambodscha – 2. Angkor Tag 1

Eintrag 2 „Roter Staub und Johnnie Walker fürs Moped“

 
Heute war der „Tempel-Schnuppertag“. Mein Fahrer „Mr. Kwong“ hatte entschieden, dass er in den 3 Tagen, die er mich hier herumkutschieren darf, die Spannung von Tag zu Tag steigern wird. 

 

Am ersten Tag die entlegenen kleineren Tempel, am zweiten Tag die größeren unbekannteren Tempel und am dritten und letzten Tag die Highlights von Angkor mit dem Sonnenaufgang am Angkor Wat.
 
Pünktlich um 7:30 Uhr starteten wir nach einem leckeren Frühstück mit Baguette, Butter und Marmelade. Die Baguettes sind noch ein Überbleibsel der französischen Besatzungszeit und können in jeder Bäckerei gekauft werden. Ganz vorschriftsmäßig trug „Mr. Kwong“ seinen Helm, ich breitete mich auf der Bank des Tuktuk-Anhängers aus und ließ das Treiben um mich herum auf mich wirken. Es schien um diese Zeit schon die ganze Stadt unterwegs zu sein. Wir reihten uns in die langsam dahin ziehende Schlange der Touristen ein, die mit allen möglichen Gefährten auf dem Weg zu den Tempelanlagen von Angkor waren. Am Eingang noch schnell das Tempelticket für 3 Tage gelöst, welches wirklich an fast jedem noch so kleinen Tempel kontrolliert wurde. Als „Mr. Kwong“ mir sagte, dass wir heute eine Tour von rund 100 km vor uns haben, hatte es mich fast aus dem Tuktuk geworfen. Bei diesen Straßenverhältnissen und der Höchstgeschwindigkeit unseres Gefährts schien es ein langer Tag zu werden!
 
Die ersten 10 km rauschten wir über eine gut ausgebaute Straße vorbei an hinter Bäumen versteckten Tempelanlagen. Dann wurden die Schlaglöcher immer mehr und vor allem immer größer und zu guter Letzt tuckerten wir im Zeitlupentempo eine Staubpiste entlang. Wolken von feinem rotem Staub, der sich wirklich überall festsetzte , umhüllte uns. Sehr unangenehm! Und nein, ich hatte mich gar nicht über die Leute mit dem bekloppt aussehenden Mundschutz lustig gemacht, als wir losfuhren!!! Aber nach den ersten Metern auf der Staubpiste, hatte ich sie wirklich sehr beneidet…so bescheuert es auch aussehen mochte?!?
 
An den Tempeln war ich kaum aus dem Tuktuk ausgestiegen – bei dem Geschüttel dauerte das auch so seine Zeit, bis ich meine Knochen wieder geordnet hatte und mich gerade aufrichten konnte – wurde ich von den fliegenden Händlern überfallen „Miss, Miss, buy something, cheap chaep…“ sangen sie im Chor. Nein, ich brauchte nicht den 53. Reiseführer von Angkor und schon gar nicht die 95. Postkarte, wer soll die denn alle schreiben?! Nix wie weg, rein in den Temepelbezirk!! Sehr angenehm war, dass die fliegenden Händler nicht auf das eigentliche Tempelgelände durften, so konnte ich wirklich in aller Ruhe durch die Tempel gehen – oftmals eher klettern – um alles auf mich wirken zu lassen.
 
Der erste Tempel „Bantaey Srei“ war sehr sehenswert, auch wenn es „nur“ einer der Kleineren war. Ich wurde fast erschlagen von den vielen neuen Eindrücken. Zum Glück hatte ich mein kleines Notizbuch dabei, in das alle Namen der besichtigten Tempel eingetragen wurden, um abends noch einmal nachlesen zu können, was ich den Tag über alles gesehen hatte. Der digitalen Fototechnik sei Dank, denn schon in diesem ersten Tempel ist meine erste Speicherkarte fast verglüht. 
 
Bantei Srei
Das zweite Tagesziel war dann eine spezielle Herausforderung. „Mr. Kwong“ kippte mich mitten im Nichts aus dem Tuktuk, zeigte mir, wo er auf dem „Parkplatz“ auf mich wartete und erklärt so nebenbei, bei sengender Mittagssonne und über 30 Grad im Schatten, dass ich erst einmal 1500 Meter zu laufen habe, bis zum Tempel… Die mach‘ ich doch locker, denke ich mir…bis…ja, bis ich um die ersten Kurven war, da verging mir aber das Lachen schlagartig! Steil den Berg hinauf, durch den Wald über Luftwurzeln, rutschige Felsen und Gestrüpp. Man mußte schon fast ein Bergziegen-Gen besitzen, um da hoch zu kommen Es war aber gut gemacht für die konditionsschwachen entkräfteten Touristen. Alle 100 Meter kam ein Schild, noch 1400m, noch 1300m,…da komme ich nie an…noch 800m…hey, die Hälfte geschafft!!…noch 200m… ich hörte schon den Wasserfall rauschen (oder ist es das Blut in meinen Ohren?)…nein es war wirklich der Wasserfall, eher ein Wasserfällchen, was wohl an der Trockenzeit lag. 
 
Kbal Spean
Statt eines richtigen Tempels findet man nur in und um das Bachbett Reste von in die Felsen geschlagenen Götterfiguren und Reliefen. Angeblich soll dies einer der ältesten Tempelreste sein – der Kbal Spean. Ich war schon etwas enttäuscht, muss ich ehrlich zugeben, schaute mir aber alles in Ruhe an. Auf dem Rückweg, bei dem ich streckenweise nur bergab stolperte und mich hüten mußte, nicht über irgendwelche Wurzeln zu stürzen, hatte ich einen gut gelaunten, sehr mitteilungsbedürftigen Japaner mittleren Alters im Schlepptau. Der gute Mann konnte wirklich NUR Japanisch, erzählte ohne Punkt und Komma…ich lächelte freundlich und er war happy verstanden zu haben, dass ich aus Deutschland komme. Da die Konzentration zum Abstieg gebraucht wurde, erlosch seine Konversation recht schnell. Allerdings machte er sich einen totalen Spaß daraus alle Leute, die ihm auf dem Rückweg schnaufend entgegen gekraxelt kamen lauthals und freudig zu grüßen. „Konichi-wa“ schallte es durch das Gelände. Die Reaktionen der Leute waren zum Teil wirklich klasse. Manche schauten völlig irritiert, andere wiederum machten sich den gleichen Spaß und grüßten auf ihrer Landessprache und lachten. So etwas nennt man wohl Völkerverständigung! Auf diese Weise war ich in kürzester Zeit wieder die 1500 m zum Parkplatz zurück gelaufen. Nun hatte ich mir aber das Mittagesen verdient, lecker Hühnchen mit Ingwer, um danach mit „Mr. Kwong“den Kampf mit der Staubpiste wieder aufzunehmen. 

Nach wenigen Metern verlangsamte „Mr. Kwong“ seine Fahrt und schaute sich in einer kleinen Siedlung suchend am Straßenrand um. Abrupt bremste er und hielt an einem seltsamen Verkaufsstand. Auf einem kleinen wackeligen Tisch standen unzählige Flaschen. Sie enthielten aber nicht wie das Etikett versprach Hochprozentiges für den Menschen, sondern für das Moped. In all den ehemaligen Schnapsflaschen war Benzin. „Mr. Kwong“ bestellte 2 Flaschen Johnnie Walker, die ganz unkonventionell mit Hilfe eines Trichters in den Tank entleert wurden und es schien keinen zu stören, dass eine erhebliche Menge daneben lief. Andere Länder – andere Sitten!


„Johnnie Walker“ fürs Moped

Die anderen 4 Tempel des Tages besichtigten wir der Reihe nach auf dem staubigen Weg zurück nach Siem Reap. Zuerst der Banteay Samre, der von einer Mauer umgeben ist. Dann der Lolei und der Preah Ko, die zu den ältesteren Tempeln zählen und hoffentlich bald restauriert werden und am Ende der Bakong, welcher mir persönlich am besten gefallen hat.
 
Bantei Samre      
obere Reihe: Lola – untere Reihe: Preah Ko
Bakong
Völlig erschöpft entließ mich „Mr. Kwong“ am späten Nachmittag an meinem Guesthouse. Die Zeit reichte, um schnell den roten Staub abzuduschen, saubere Klamotten anzuziehen, etwas essen zu gehen, um pünktlich um 19 Uhr beim Konzert von „Beatocello“ zu sein. 

Um wen es sich bei Beatocello handelt, könnt ihr hier lesen:

Dr. Beat Richner – „Beatocello“ – Kinderkrankenhäuser für Kambodscha 

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