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Reisebericht Kambodscha – 7. Phnom Penh

Eintrag 7 – „It’s very hot in Phnom Penh“

Die ganze Nacht brause ich im Traum weiter die Formel 1 Strecke, nein – die Straße von Sihanoukville nach Phom Penh entlang.


Zum Glück kann ich früh mein fensterloses Hotelzimmer verlassen, denn bereits um 8 Uhr wartet das bestellte Tuktuk vor dem Hotel, welches mich zu den 15 km entfernten „Killing Fields“ bringen soll. Die Fahrt durch die Straßen Phnom Penhs ist wieder sehr interessant, an diesem Treiben am Straßenrand kann ich mich fast nicht satt sehen.
Ich habe mich mit einigen Reisenden unterhalten die meinten, sie tun sich die Besichtigung der „Killing Fields“ nicht an. Aber ich bin der Meinung, dass auch dieser düstere Abschnitt der Geschichte des Landes dazugehört und man sich mit diesem Kapitel auch beschäftigen sollte, um das Land und die Menschen dort besser zu verstehen.
Die „Killing Fields“ vor den Toren Phnom Penhs ist nur eines der vielen Gelände mit Massengräbern, die nach dem Wüten von Pol Pot gefunden wurden. Bei diesem hat man eine Art Temple gebaut in dem die ganzen ausgegrabenen Totenschädel aufgestapelt sind, ein Mahnmal, echt deprimierend und unvorstellbar, was da passiert ist! Auf dem Gelände kann man noch die Mulden sehen, wo die Massengräber waren. Viele der Gräber wurden bis heute nicht geöffnet.
linkks oben Tuol Sleng – Rest Killing Fields

Zurück in Phnom Penh, lasse ich mich zu dem bekanntesten Gefängnis der Zeit Pol Pots, dem Tuol Sleng, bringen. Am schrecklichsten ist der Film, der über die Zeit Pol Potts anhand eines Mannes und einer Frau berichtet, die das Massaker nicht überlebt haben. Damals wurde man schon verhaftet und umgebracht, wenn man eine Brille trug, lesen und schreiben konnte oder eine Fremdsprache beherrschte. Aber dieser Teil der Geschichte gehört auch zu diesem Land und es ist ja auch der Grund, warum Kambodscha von der Entwicklung her so weit zurück ist, im Gegensatz zu den Nachbarländern. Wer weiß heute noch, dass Kambodscha Ende der 1960er Jahre ein besseres Gesundheitssystem als Singapur hatte, unvorstellbar!

Bei der Hitze heute bewege ich mich nur im Zeitlupentempo, sogar der Gang über einen Markt ist fast zu viel. An den Abenden am Wochenende ist es hier üblich, einfach nur mit seinem Moped herumzufahren, sehen und gesehen werden. Da sind Mann, Frau, Kind, Baby, einfach die komplette Familie auf dem Moped unterwegs und fahren die Straße am Sisowath Kai entlang. Oft sitzen bis zu 3 Erwachsenen auf einem Moped oder auch mal eine 4-koepfige Familie mit 2 Kindern. Ich setze mich in eines der vielen, netten kleinen Restaurant an der Promenade und lasse bei einem leckeren Amok die Mopedgeschwader an mir vorbeiziehen.

Am letzten Tag gibt es dann noch einmal Kultur pur. Ich packe schon alles zusammen, da ich bis 12 Uhr das Zimmer räumen muss und nicht weiß, ob ich zwischendurch noch einmal zurückkomme.
Es wäre zwar nur ein Fußmarsch von ca. 20 Minuten gewesen, aber ich lasse mich heute ganz faul mit dem Tuktuk zum Königspalast bringen. Der Königspalast wurde Ende des 19 Jahrhunderts für den damaligen König von den Franzosen wieder aufgebaut. Sie wollten, dass der König mit seiner Familie vom Land wieder in die Hauptstadt Phnom Penh zieht, damit sie ihn besser unter Kontrolle hatten. Aber ganz so weit ging die “Liebe“ dann doch nicht. Das meiste Baumaterial wurde sozusagen “Second Hand“ organisiert. Der Clou ist eine kleine Villa, die auf dem Palastgelände ziemlich deplatziert aussieht. Diese Villa war die Unterkunft für eine Kaiserin zur Eröffnung des Suez-Kanals. Nachdem dort die Show vorbei war, wurde das Teil zerlegt und nach Phnom Penh verschifft und hier wieder aufgebaut. Frei nach Asterix könnte man sagen “die spinnen, die Gallier!!“

Der Palast und die Silberpagode sind aber ganz gut gelungen, alles wurde ein wenig dem bekannten Königspalast in Bangkok nachempfunden, mit viel Gold und den schnörkeligen bunten Dächern. So früh am Morgen ist es noch sehr leer und ich kann in aller Ruhe über das große Gelände spazieren und fotografieren.

Ein Erlebnis der besonderen Art habe ich aber mit einer kambodschanischen Großfamilie, die heute, am Sonntag, zuhauf auf Palastbesichtigung sind. Ich sitze müde und nichts Böses ahnend im Schatten unter einem Baum, da kommt ein Clan von älteren Damen auf mich zugestürmt, “Schwupps“ sitzt eine von ihnen schon neben mir und quasselt mir das Ohr ab (ich verstehe kein Wort und lächle einfach nur freundlich). Auch der Rest der Sippe kommt näher und so stehen plötzlich mindestens 15 Frauen und Kinder um mich herum, laut schwatzend und lachend…keiner kann Englisch. Ich scheine die Sensation des Tages zu sein, sie lachen und kichern und finden sehr großes Interesse an meiner weißen Haut und meinen blonden Haaren. Die älteren Damen streichen und zupfen mir an den Haaren und streichen mir über die Arme. Irgendwie ist das eine urkomische Situation, wir verstehen uns zwar nicht, aber wir lachen alle. Wir führen eine Unterhaltung wirklich mit Händen und Füssen!! Der Spuk dauert bestimmt 10 Minuten, bis dem männlichen Familienoberhaupt wohl der Geduldsfaden wegen seiner geschwätzigen „Weiber“ reißt und er den Befehl zum Aufbruch gibt. Die Meute verschwindet im nächsten Palastgebäude und immer, wenn ich ihnen im Laufe der Besichtigung wieder begegne, geht das Geschnatter und Lachen von vorne los. Schon von weitem winken sie mir immer zu, wenn sie mich wieder sehen.
Im Lauf des Vormittags pilgern Heerscharen von Menschen, Touristen Einheimische, über das Palastgelände. Am ulkigsten sind die riesigen Schuhberge vor den Gebäuden, da man überall die Schuhe ausziehen muss. Vom High-Tech-Laufschuh bis hin zum vergammelten Flip Flop war alles vertreten, aber scheinbar findet beim Verlassen der Gebäude jeder seine Schuhe wieder.
Am meisten hat mich die Ausstellung der wertvollen Statuen und anderen Kleinigkeiten fasziniert. Alles ist mehr oder weniger geordnet und recht lieblos in einfachen Glaskästen ausgestellt. Weit und breit keine Sicherheitsvorkehrungen. Mich erinnert das alles an meinen ersten Besuch im Ägyptische Museum in Kairo vor über 25 Jahren, was heute sicherheitstechnisch auf dem neusten Stand ist. Wer weiß, wie es in 20 Jahren hier aussehen wird?
Den Rest des Mittags verbringe ich im Gewimmel der Straßen und Gassen und lasse mich durch das Chaos treiben. Völlig irre finde ich hier an der Riverfront, wo das Leben tobt, dass zwischen all den Restaurants, Bars, Klamottenläden, Hotels, Massagesalons, etc. auch mehrere Bestattungsunternehmen zu finden sind. Ich traue zuerst meinen Augen nicht, als ich die bunt bemalten Särge sehe! Hier in Kambodscha gibt es lt. meinem Reiseführer 2 Arten von Buddhismus. Der Buddhismus, dem die meisten Kambodschaner angehören, verbrennt seine Toten, die Asche der Toten wird wieder mit nach Hause genommen und kommt in einer Art Urne auf den Hausaltar. Die andere Art, der die Mehrheit der Chinesen hier angehört lässt sich im Sarg bestatten. 

Gegen 17:30 Uhr kommt mein Taxi, welches mich zum Flughafen bringt. Ein letztes Mal fahre ich durch die Straßen der Hauptstadt und muss leider sagen “Bye bye Cambodia – it was a great trip!“

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