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Nepal – Annapurna Base Camp -Trekking-Tour 2

 

 

Tag 4: Deurali (3230m) – Annapurna Base Camp „ABC“ (4130m) – 6 Stunden
Unsere Gebete waren erhört worden! Als wir am nächsten Morgen die Zimmertüre öffneten trauten wir unseren Augen nicht. Stahlblauer Himmel an dem nur wenige kleine weiße Wölkchen entlang zogen. Freudig teilte uns DB mit, dass wir aufsteigen würden, uns aber beeilen müssten, damit wir schnell los könnten. Der erste Teil der Strecke lag nämlich wirklich in einem sehr lawinengefährdeten Bereich, den wir aufgrund der Schneemassen vom Vortag, schnell passieren sollten. Extrem gefährlich würde es aber erst werden, wenn die Sonne ins Tal scheinen würde, was aber nicht vor 11 Uhr am Morgen wäre. Und um diese Zeit waren wir schon fast an unserem Ziel. Keine 30 Minuten später verließen wir Deurali.
 
 
Beim Passieren des großen Holzschildes mit der Lawinenwarnung wurde uns doch etwas flau in der Magengegend. Tapfer stapften wir durch den Schnee, denn ein richtiger Weg war noch nicht gebahnt. Im gestreckten Galopp ließen wir die lawinengefährdete Strecke hinter uns und überquerten über eine Holzbrücke den großen Fluss. Wie gefährlich es wirklich gewesen war merkten wir daran, wie extrem die Anspannung in D.B.s Gesicht wieder seinem freundlichen Lächeln wich. 
So langsam aber sicher forderte auch die Höhe ihren Tribut. Bis zum MBC (Machhapuchchre Base Camp) waren wir noch erstaunlich flott unterwegs, aber als wir den Weg zum ABC einschlugen wurde langsam aber sicher jeder einzelne Schritt zu einem Kraftakt. Der rutschige Weg durch den Schnee war nur mit höchster Konzentration zu bewerkstelligen, wollte man nicht alle paar Meter wegrutschen und hinfallen. Immer wieder blieben wir stehen. Natürlich auch, um Fotos zu machen, aber in erster Linie, um nach Luft zu schnappen und uns einer Jacke oder eines Pullovers zu entledigen. 
 
Die letzte Stunde wanderten wir im T-Shirt, so warm wurde es in der Sonne. Trotz dunkler Gletscherbrille schmerzte die Helligkeit in den Augen. Der Tagesrucksack auf unseren Schulter wog geühlt mindestens eine Tonne. Im Rücken hatten wir den Gipfel des Fishtails, vor uns einige der Annapurnas. Das ABC kam in Sicht und man wähnte sich schon am Ziel. diese letzten 45 Minuten forderten noch einmal alles! Nach endlosen 6 Stunden hatten wir es geschafft, wir erreichten das ABC!!!
Erschöpft aber glücklich machten wir es uns auf der Außenterrasse unserer Lodge bequem, um bei einem heißen Nepali-Milchtee wieder zu Kräften zu kommen. Sattsehen konnte man sich an diesem unglaublichen Panorama nicht. Die Stille da oben wurde nur durch das dumpfe Grollen von in der Ferne abgehenden Lawinen und den leisen Stimmen der anderen Gäste auf der Terrasse unterbrochen. 
Nach einer kurzen Atempause marschierten wir zum nahegelegenen Aussichtspunkt. Dort standen wir, fotografierten bis die Karten glühten und waren einfach nur froh, unser Ziel doch erreicht zu haben. Da standen wir nun auf 4130m, einer für mich unvorstellbaren Höhe. Aber wenn man bedachte, dass die Gipfel um uns herum noch einmal die gleiche Höhe mehr hatten, fühlte man sich winzig klein. 
Kaum war die Sonne hinter den Gipfeln verschwunden, wurde es wahnsinnig kalt. Bibbernd zogen wir uns in den beheizten Dining-Room zurück. Noch ein kleiner Schwatz mit den Mitreisenden und gegen 19 Uhr lagen wir frierend in unseren Schlafsäcken. Die heiße Bettflasche war dort oben nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein. Da waren wir also, auf dem ABC, ein irrer Gedanke. 
An schlafen war erst mal nicht zu denken. Durch die Höhe raste mein Puls und die Gedanken fuhren Karussell. Irgendwann döste ich dann doch ein, um bei jedem noch so kleinen Geräusch wieder hochzuschrecken. Dann kamen sie, die schlimmsten Kopfschmerzen meines Lebens! Mir war, als würde mir zu jedem Pulsschlag jemand einen Vorschlaghammer auf den Kopf hauen. Ich hatte gehofft, dass der Morgen nicht mehr fern wäre, aber diese Hoffnung wurde durch einen Blick auf die Uhr jäh zerstört. Es war gerade mal kurz nach Mitternacht, noch 6 lange Stunden bis zum Aufstehen. Mir war schnell klar, dass mein Zustand das erste Stadium der Höhenkrankheit war und zu den Kopfschmerzen kroch auch langsam aber sicher eine wahnsinnige Angst in mir hoch. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich erinnerte mich gelesen zu haben, dass man bei Höhenkrankheit Aspirin nehmen konnte. Also krabbelte ich bibbernd aus dem Schlafsack und suchte nach den Tabletten. Blöd war nur, dass der heiße Tee in meiner Trinkflasche zwischenzeitlich zu einem dicken Eisbrocken gefroren war. Und von einer Expedition auf die Toilette überden Hof der Lodge bei einer Außentemperatur von -30 Grad rate ich im Nachhinein wirklich jedem ab! 
 
Tag 5: ABC (4130m) – Bamboo (2310m) – 8 Stunden
Was für eine Nacht!!! Irgendwie schaffte ich es doch, es bis am nächsten Morgen um 6 Uhr zu überstehen. Die Kopfschmerzen wurden immer schlimmer und ich war völlig kraftlos. Wenn einen mal jemand die Schuhe binden muss, weil man es selber nicht mehr schafft, ist das wahrlich kein gutes Gefühl. D.B.s besorgter Gesichtsausdruck ließ keine Möglichkeit zu, dass es vielleicht doch nicht so schlimm um mich bestellt war. Er blieb mir dicht auf den Fersen, als ich mich wie im Delirium den anderen hinterher zum Aussichtspunkt schleppte, von dem wir den Sonnenaufgang anschauen wollten. Eisiger Wind pfiff uns im die Nase und ließen die -30 Grad noch viel kälter erscheinen.
Aber dieses ergreifende Schauspiel, als sich die Gipfel des Annapurna South und Annapurna I orange färbten und die Sonne langsam hervorkam wog alles auf. Vergessen die Strapazen des Aufstiegs, die Kraftlosigkeit und die irren Kopfschmerzen. Es verschlug uns fast den Atem und jeder einzelne da oben stand nur da und staunte. Keiner sprach auch nur ein Wort – so etwas Schönes lässt sich auch nicht in Worte fassen!! Dem Himmel – im wahrsten Sinne des Wortes ganz nah! 
Immer noch völlig hin und weg und fast erfroren machten sich alle nach einer halben Stunde zurück auf den Weg zur Lodge. Die Ergriffenheit war auch noch beim Frühstück zu spüren, statt dem üblichen lauten Geplapper, war es immer noch ganz still. Mir war gar nicht nach Essen und ich habe auch kaum die Tasse gezuckerten Nepali-Tee, die ich unter D.B.s strenger Aufsicht trinken musste, herunter gebracht. Zum Glück wurde ich so gut umsorgt und mir wurde alles abgenommen. DB wollte mich schleunigst vom Berg unten haben und wir waren wieder mal die ersten auf dem Weg nach unten. Der Schnee war hart gefroren und ich stolperte und rutschte mehr als ich lief. Wie in Trance, immer weiter nach unten. Schon beim MBC, welches 400m niedriger lag, spürte ich, wie meine Kopfschmerzen etwas besser wurden. 2 weitere Stunden später passierten wir schon Deurali und ich war fast wieder hergestellt und hatte plötzlich einen Bärenhunger.
Mittagspause machten wir in Himalaya, wo wir auch endlich die Schneefallgrenze wieder hinter uns ließen. Von da an wurde es eine recht matschige Angelegenheit. Am Nachmittag erreichten wir wieder Bamboo, wo wir unser Nachtlager aufschlugen. Der größte Luxus war, dass dort die Dusche funktionierte und man kann sich kaum vorstellen, dass man bei knapp +10 Grad (Außen- und Innentemperatur) einmal eine lauwarme Dusche so genießen würde 😉
Tag 6: Bamboo (2310m) – Kymi (1640m) – 7,5 Stunden
Unser letzter richtiger Wandertag brach an. Bergab waren wir sehr schnell unterwegs. Bei strahlendem Sonnenschein waren auch die vielen Stufen nicht halb so schlimm als erwartet. Die Euphorie glich die Strapazen der letzten Tage aus. In einer wirklich wunderschönen kleinen Lodge in Kymi verbrachten wir unseren letzten Abend. Ein letztes Abendessen mit guten Gesprächen, ein letztes Mal in den Schlafsack kriechen, eine letzte Nacht auf der harten Pritsche der Lodge (nein, das würde ich wohl am wenigsten vermissen ;-)), ein letztes Mal nur das Rauschen des Flusses in völliger Stille… 
 
Tag 7: Kymi (1640m) – Naya Pul (5 Stunden)
Als wir an unserem letzten Tag die engen Pfade verließen und auf dem breiten Fahrweg entlang laufen mussten, waren wir froh als nach einigen Stunden Naya Pul erreicht war. Unser kleines Taxi wartete schon auf uns, um wieder über die schreckliche Straße gen Pokhara zu rumpeln. Es war still im Auto, alle waren wohl noch in Gedanken auf dem Berg. Wir kommen wieder, das ist klar, das nächste Mal aber zu den anderen sagenumwobenen drei Buchstaben – E B C – Everest Base Camp!

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